Unser viertes Jahr im Ausland hat begonnen, Zeit für eine erste Zwischenbilanz.
Zuerst stellt man sich die Frage, ob man es wieder tun würde und diese können wir inzwischen ganz eindeutig mit „JA“ beantworten. Auch wenn es immer noch ab und an Stolpersteine gibt und wir bis auf die Knochen genervt sind, ist die Pro Seite einfach sehr lang.
Fangen wir einfach mal mit den Basics an:
Auch wenn wir in Deutschland immer wunderschöne Wohnungen und deutlich stressfreiere Vermieter hatten, leben wir in einem wunderschönen Haus mit einem kleinen Garten am Ende einer Sackgasse. Der Schulweg und damit mein Arbeitsweg ist kurz und ziemlich sicher. Nach der Schule können die Kinder einfach rausgehen, mit den Rädern oder Skateboard die Straßen unsicher machen und einfach Kinder sein.
Hat man Lust auf ein Eis, eine Tüte Chips oder Cola, gehts zum 7/11, der einfach immer geöffnet ist und keine „Tankstellenpreise“ aufruft.
Frisches Obst und Gemüse vom Markt ist praktisch zu jeder Zeit zu kleinsten Preisen verfügbar und auch „exotische“ Nahrungsmittel sind gut zu erhalten.
Auch das konstant heiße Wetter -es ist nunmal tropisch- ist immer berechenbar und man erlebt selten Überraschungen.
Ganz allgemein ist der Komfortfaktor einfach enorm. Auch eine nach hiesigen Verhältnissen gut bezahlte gute Fee im Haushalt ist kein finanzieller Kraftakt und gehört hier fast zum guten Ton. Für uns ist es eine große Hilfe, denn unser Haus ist mit 280m2 und den schönen Parkettböden alles andere als pflegeleicht, für unsere gute Fee ist es ein sicherer Job. Gartenarbeit in Deutschland ist eigentlich ganz schön, hier aber auf Grund des Klimas eher lästig. Da ist der Gärtner quasi das zweite „Pflichtpersonal“.

Ganz oben stehen aber unsere Kinder: Die Jungs haben sich in den vergangenen 3 Jahren unglaublich entwickelt, sind super selbständig, sprechen fließend Englisch, spielen T-Ball, Basketball und andere Sportarten im Schulteam, nehmen an Wettkämpfen teil und sind inzwischen ausgezeichnete Schwimmer. Letzteres ist hier auch nicht unwichtig, verbringen wir doch viel unserer eher knapp bemessenen Freizeit am Wasser.






Auch Hannahs Fernstudium neigt sich dem Ende zu, was durch die hervorragende Infrastruktur im IT Internetbereich nochmals begünstigt wird.
Ebenfalls positiv können wir die hiesigen Transportmöglichkeiten nennen. Auch wenn der Verkehr Downtown katastrophal ist, ist ein Vorankommen zu jeder Tages- und Nachtzeit problemlos und günstig möglich. Leider ist die Hochbahnlinie immer noch nicht einsatzbereit, aber alles was nicht mit Roller, Auto oder Golfcart machbar ist, kann auch per Taxi bzw. Grab oder Bolt erreicht werden, ohne dass man hinterherhinken zum Monatsende pleite ist. Eine Fahrt mit der Familie im Bolt in die Stadt schlägt mit etwa 200 THB zu Buche, mit dem Airportraillink ist es zwar in der Summe teurer, aber man kommt schneller ans Ziel.
Rückschläge
2023 und 2024 haben uns dann die wirklichen Nachteile aufgezeigt, wenn man noch Familie in der „Heimat“ hat. Im Februar 23 erhielt ich die Nachricht, dass meine Mutter Krebs im Endstadium und nicht mehr viel Zeit hat. In den Osterferien ging es dann also nach Deutschland und es mag makaber klingen, aber es war ein Abschiedsbesuch. Schön war es trotzdem und auch Papas Geburtstag konnten wir immerhin noch zu dritt „feiern“.

Der Rückflug war schon mit einem mulmigen Gefühl verbunden, aber innerlich war dann doch alles ziemlich „aufgeräumt“. Im Juli ging es dann wieder nach Deutschland – das Unvermeidbare war eingetreten und auch wenn er es nicht wollte, habe ich dann Mama mit Papa auf ihrem letzten Weg begleitet.

Blöderweise wurde dann auch mein Papa während einer harmlosen Routine-OP sehr krank und auch in diesem Moment wurde die Distanz schmerzlich bewusst. Er ging nicht ans Telefon und im Klinikum hatte man keine Ahnung, wo er liegen würde. In solchen Momenten ist es dann wirklich fatal, so weit weg zu sein. Glücklicherweise habe ich ihn dann doch ausfindig machen können und war dann etwas beruhigter. Dass sein Weihnachtsbesuch bei uns damit völlig unrealistisch wurde war schnell klar, also bin ich im Dezember wieder geflogen und wir hatten ein schönes Weihnachtsfest im Schwarzwald. Kurz vor Ostern -Karfreitag- gingen dann meine inneren Alarmglocken und leider haben diese keinen Fehlalarm ausgelöst. Die Nachricht von Papas Tod, so friedlich er wohl gewesen sein mag, war ein unglaublicher Schlag. So schnell waren alle Pläne hinfällig und beide Eltern in so kurzer Zeit zu verlieren….
Ein Jahr nach meinem Abschiedsbesuch bei Mama, flogen Hannah und ich dann wieder -erstmals gemeinsam- nach Deutschland, um meinen Papa auf seinem letzten Weg zu begleiten. Auch wenn Papa alles geregelt hatte und wir jedes noch so kleine Detail besprochen hatten, war das auf einmal bittere Realität. Auch hier ist die Entfernung einfach nicht zu vernachlässigen und auch die knappe Zeit. Dennoch haben wir es in nicht ganz zwei Wochen geschafft, alles zu regeln und Papa so zu beerdigen, wie er es wollte. Dass das alles so unkompliziert ging, lag aber auch an der perfekten Vorbereitung für den Fall der Fälle und daran, dass es auch schlicht und ergreifend keine materiellen Werte gab. Anders sieht es bestimmt aus, wenn z.B. Wohneigentum vorhanden ist, was man wirklich beachten sollte, wenn man den gleichen Entschluss fasst wie wir.


Was nervt denn nun richtig?
Auch wenn das Wetter wirklich berechenbar ist, fehlen uns die langen ausgedehnten Spaziergänge an der frischen Luft. Ist das im Norden Thailands -also im Urlaub- noch ganz erträglich, ist es hier einfach immer heiß und drückend. Da macht es nicht wirklich Spass.
Papierkram ist auch immer wieder ein Thema, denn bei all der wirklich tollen digitalen Infrastruktur, geht hier dennoch viel ganz klassisch mit Papier und das ist ja bekanntlich geduldig.
Ebenfalls ein nicht zu vernachlässigender Nervfaktor ist die Krankenversicherung. Die meines Arbeitgebers deckt nicht die ganze Familie, so dass 2 von uns 4en anders versichert sein müssen. Besonders die von vielen Seiten gelobte Safetywing Versicherung, hat sich hier eher als Katastrophe herausgestellt. Nicht ein eingereichter Beleg wurde erstattet, kassieren konnte man fleißig und wenn ein Zehnagel operativ entfernt werden muss (!!!) und die Versicherung das ablehnt, da es kosmetischer Natur wäre, stellt sich echt die Frage „Ist eine eventuell notwendige Beatmung eine Kurbehandlung?“.
Weiß man aber um diese Dinge, dann lässt es sich gut aushalten und wir würden es definitiv wieder machen.

